Thursday, 2 July 2020

Die Zornigen Buerger von Wukan

Totalitäre Demokratie und harmonische Gesellschaft in der Praxis am Beispiel des Dorfes Wukan nach einem Bericht aus der Süddeutschen Zeitung, zusammengefasst und kommentiert von von Zhang-Wilhelm (张威廉)
" ... Chinas Zentralregierung versucht, ein Dorf zu zähmen, in dem die Menschen auf ein Stück Unabhängigkeit hofften". Der von ihnen als einzigem Dorf in China selbst gewählte Parteisekretär und Bürgermeister, Lin Zuluan, wurde vorletzte Woche wegen angeblicher Bestechlichkeit zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Dorfbewohner und unabhängige Beobachter bezweifeln seine Schuld, die in einem stalinistischen Schauprozess mit erzwungenen Geständnis-Video propagandistisch ausgeschlachtet wurde. Die Verurteilung Lin Zuluans führte zu Protesten in Wukan, welches letzten Dienstagmorgen vor vier Uhr von Sicherheitskräften besetzt wurde, die sofort in Häuser eindrangen, um Bürger aus ihren Betten heraus zu verhaften.
Bevor 2012 Lin Zuluan Parteisekretär und Bürgermeister wurde, wollten die Bauern von Wukan zehn Quadratkilometer gestohlenen Landes zurückhaben.  Das Land hatten ihnen "die Dorffunktionäre  weggenommen, um es zu verkaufen. Es ging also gegen Landraub, Korruption und Ungerechtichkeit, eine Geschichte, wie sie in Tausenden anderen chinesischen Gemeinden der vergangenen Jahre ebenso spielte." Jedoch hielten die Dorfbewohner Wukans  besser und länger zusammen als an anderen Orten in China. Schließlich wurde Wukan 2012 zur einzigen Gemeinde der VR China, welcher die kommunistische Obrigkeit erlaubte, "ihre Führer selbst zu wählen in einer geheimen und direkten Wahl. Zum Parteisekretär wählten sie einen respektierten Man aus ihrer Mitte: den heute 70-jährigen Lin Zuluan." Wukan wurde damals china- und weltweit als das "Demokratiedorf" bekannt. Der Bürgermeister und die Dorfbewohner wehrten sich weiterhin gegen die willkürliche Wegnahme des Landes, das den Bauern des Dorfes gehörte. Schließlich wurde Lin Zuluan am 18.Juni 2016 am Vorabend einer von ihm geplanten Rede verhaftet. "In der Rede wollte er all die gebrochenen Versprechen der Regierung aufzählen, wollte den Frust der Dorfbewohner bündeln und zu neuer Aktion verwandeln." Nach fünf Jahren Verhandeln und Protestieren hätten Wukans Bauern nur 1,3 Quadratkilometer Land zurückbekommen, sagte, Lin Zuluan dem Honkonger Cabel TV. Er kritisierte "schmutzige Tricks und Druck" gegen sein Dorf und sagte voraus, dass die Bürger Wukans verhaftet und verfolgt würden. Das ist nun geschehen: Letzten Dienstag marschierten die Sicherheitskräfte in Wukan ein und begannen vor vier Uhr morgens damit, Häuser zu stürmen, um ihre Verhaftungsliste abzuarbeiten. Bei den dann folgenden Straßenschlachten sah es nach Berichten von Bewohnern in Wukan wie in einen Kriegsgebiet aus: Dorfbewohner warfen mit Steinen und Ziegeln und die Polizei setzte Gummigeschosse und Tränengas ein. Wukan wurde vollständig von der Polizei abgeriegelt. Nicht einmal Lebensmittel dürfen nach Wukan. Selbst in benachbarte Städte dürfen ausländische Journalisten nicht hinein. Lautsprecher auf Streifenwagen fordern dazu auf, ausländische Agenten den Behörden gegen Belohnung zu melden. Die Pekinger Zentralregierung unterdrückt alle Nachrichten über die Geschehnisse in Wukan. Berichte und Videos und Fotos im Internet werden schnellsten gelöscht und als gefälschte Materialien bezeichnet. Verantwortliche Vertreiber dieser  Informationen werden in Gewahrsam genommen und strafrechtlich verfolgt.
Alle Informationen und wörtlichen Zitate aus dem Bericht von Kai Strittmatter, "Die  zornigen Bürger von Wukan", Süddeutsche Zeitung, Nr. 214, Donnerstag, 15.September 2016, Seite 9, zusammengefasst und kommentiert von Xi Lan Zhang-Wilhelm (张威廉) am 17.09.2016.

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